Prof. Dr. rer. nat. habil. Martin Röser
Forschungsthema:
Das Urgras-Genom
Die aktuell voranschreitende Gen-Kartierung in den Kerngenomen der wichtigsten Kulturgräser (Mais, Weizen, Reis) ergibt in vielen Fällen eine gleichlautende Reihenfolge bestimmter Gene in diesen Pflanzen, obwohl sie nicht nahe miteinander verwandt sind und sogar zu verschiedenen Unterfamilien der Gräser gehören. Es ist aber noch unklar, ob diese "Kolinearität" genetischer Marker auf rein strukturellen Erfordernissen beruht oder ob sich daraus ein ursprüngliches Gras-Genom rekonstruieren ließe, was für die Erforschung pflanzlicher Genome und die Gentechnologie völlig neue Perspektiven eröffnen könnte. Repetitive DNA-Elemente - ubiquitär in den Genomen vorkommend - sind in der laufenden Diskussion bisher kaum beachtet worden. Unseren bisherigen Ergebnissen zufolge bietet sich jedoch ein interessanter Ansatzpunkt dafür, die Ausstattung eines ursprünglichen Gras-Genoms an repetitiven Elementen zu rekonstruieren: Bestimmte Satelliten-DNAs, die in primitiven Hafergräsern auftreten, sind inzwischen durch andere Arbeitsgruppen auch im Zuckerrohr und Reis nachgewiesen worden, d.h. sie sind offenbar sehr alt und waren in den Gräsern schon vor der Aufspaltung in verschiedene Unterfamilien vorhanden. Andere, z.T. sehr komplex gebaute Satelliten-DNAs kommen nur in modernen Gruppen vor und fehlen den primitiven. Letztere können jedoch die einfach gebauten Untereinheiten besitzen, aus denen die komplexen Satelliten-DNAs entstanden sind. Hier bietet sich eine sehr interessante Perspektive, um die Verbreitung und molekulare Evolution solcher DNA-Elemente in einem molekular-evolutionären und phylogenetischen Zusammenhang zu studieren.